Es ist eins der zahlreichen Opfer der Medien-Krise: Das Interview-Magazin »Galore«. 2003 erschien es zum ersten Mal, im Juni dieses Jahres wurde sein offizielles (Print-) Ende besiegelt. Doch Totgesagte leben manchmal länger. Herausgeber Michael Lohrmann – angespornt durch das positive Feedback der Leser – macht nun mutig im Web weiter und startet mit einem fulminanten Paukenschlag: 825 von 905 bisher geführten Interviews stehen ab sofort online – und kostenlos – zur Verfügung. Und täglich werden weitere neue Gespräche zu lesen sein. Ein Konzept mit Zukunft?
»Galore» war nie als Produkt für die Massen gedacht. „Wir verfolgten das Ziel, ein Monatsmagazin zu etablieren, das über puristische Interviews interessante Menschen portraitiert – in ihren eigenen Worten. Uns war schon bei Gründung des Blattes klar, dass unsere Kompetenz nicht darin liegen kann und wird, nur möglichst viele Menschen zu erreichen“, schreibt Lohrmann auf der Website. „Zu der Einstellung des Printmagazins im Juni 2009 nach insgesamt 905 Interviews kam es aus wirtschaftlichen Erwägungen, die der gegenwärtigen Marktsituation geschuldet sind. In Krisenzeiten verfahren Agenturen und Konzerne höchst konservativ mit ihren Marketing-Budgets.“ Heisst im Klartext: die Werbekunden blieben aus, der kostspielige Druck ließ sich nicht mehr stemmen. Schicht im Schacht.
Als ich von der Einstellung des Magazins hörte, war ich schon etwas traurig, schließlich war ich in den letzten sechs Jahren ein regelmäßig-unregelmäßiger Leser dieses Hefts – wobei die Auswahl der Interview-Partner letztlich über den Kauf entschied. Zehn Ausgaben habe ich sicher im Regal und ich schmökere hin und wieder darin, weil das Gros der Gespräche meist erhellend und erfrischend ist. Man nimmt sich Zeit.
Umso gespannter war ich natürlich zu sehen, wie »Galore« online weiter macht. Direkt vorweg: Ich bin ein bisschen enttäuscht. Nicht wegen der Inhalte – nein, es ist die Form, in der die Interviews aufbereitet werden. In winziger Schrift mehrere Seiten auf dem Laptop zu lesen ist wirklich keine Wonne. Visuals, die das Auge beruhigen, werden leider auch nicht eingesetzt. Es ist anstrengend. Es gibt ja genug „Internetausdrucker“ – aber selbst für die ist nicht gesorgt: weder eine vernünftige Printfunktion, noch Downloads als PDF oder Versionen für PDA/Handy sind vorhanden.
Am Bespiel »Galore« wird wieder mal klar, dass Print-Magazine nicht „einfach so“ ins Web zu transportieren sind. Zeitschriften funktionieren vertikal, man liest von oben nach unten. In Zeiten von 22“ Breitbilddisplays ist solch eine Lesart aber mehr als antiquiert und auch nervig. Dabei gibt es genug Möglichkeiten, um Magazine am PC-Bildschirm medienadäquat darzutellen – die MIKIs wären da als Beispiel zu erwähnen.
Nichtsdestotrotz: Die Online-Version von »Galore« hat gestern erst das Licht der Welt erblickt, Leser-Feedback ist jederzeit erwünscht (wenn die Kommentarfunktion implementiert ist). Geben wir dem Magazin also noch ein wenig Zeit – und hoffen wir, dass die geschaltete Online-Werbung ausreichend Geld in die Kasse spült. Bis dahin erst mal: Viel Spaß beim Lesen!